Liebe Freunde, Beter und Unterstützer in der Heimat!
Wir sind tief gerührt von all Eurer An-teilnahme und der vielfältigen Unterstützung! Gott soll Euch alle reichlich dafür segnen!
Uns geht es den Umständen entsprechend gut und wir konnten die letzte Nacht richtig gut schlafen. Es war das erste Mal seit einer Woche, dass nicht ständig Luftschutzsirenen heulten. Die gestern angekündigten 23 „Flüchtlings-Übernachtungsgäste“ kamen nicht bei uns an, da sie zur Sperrstunde in eine Kontrolle gerieten und sofort gestoppt wurden. Heute allerdings ist unser Haus bis auf den letzten Schlafplatz voll belegt! Auf dem Bild seht Ihr einige der Flüchtlinge.
Der Krieg wird realer
Der Krieg nimmt nun auch in unserer direkten Umgebung immer realere Gestalt an - nicht nur durch die vielen Barrikaden und Blockaden in der Stadt. Die leer gekauften Supermarktregale sind schockierend. Auch erreichen uns immer mehr Meldungen über gefallene Soldaten. Einige sind uns bekannt, andere nicht – wir trauern um jedes beendete Leben in diesem sinnlosen Krieg!
Zweimal habe ich heute versucht, mein Auto zu tanken – für die Tagesration von 10 Litern musste ich mich lange anstellen und aufgrund von mehrmaligem Fliegeralarm wurden die Zapfsäulen auf unbestimmte Zeit abgeschaltet.
Traumata der Flüchlinge
Unsere letzten Gäste aus Charkow berichteten Schlimmes: Die Familie war fünf Tage lang in einem Keller ohne Wasser und Toiletten eingesperrt – den Geruch in unserem Haus könnt ihr euch nicht vorstellen! Unser Missionshaus war bis auf den letzten Fleck Teppich mit Menschen und geretteten Haustieren belegt. Es ist ein immenser Vorteil, über so viele Toiletten, Wasch- und Duschmöglichkeiten zu verfügen! Die Berichte aus der so stark umkämpften und belagerten Stadt waren einfach nur grauenhaft und unmenschlich! Es ist herzzerreißend, wenn die Erzählungen mit dem entsprechenden Videomaterial belegt werden – Bilder und Schreie von Opfern, die wir nie wieder vergessen werden!
Kriegstagebuch
Angeregt vom MDR erstelle ich ein tägliches Video - „Kriegstagebuch“, in dem ich in wenigen Minuten eine kurze Zusammenfassung des vergangenen Kriegstages, unserer Erlebnisse und der aktuellen Lage im Land schildere. Das Video wird täglich über Instagram (Instagram@nehemiafreundeskreis) und Facebook (https://www.facebook.com/nehemiafreundeskreis) geteilt. Solltet Ihr es über die Messenger-Dienste WhatsApp oder Signal erhalten wollen, meldet Euch bitte bei meiner Tochter Johanna unter der Handynummer 0176-30758388.
#Kriegsbrot
Heute Mittag erhielten wir eine Anfrage, ob wir unserer Kriegsbrot auch in die Hauptstadt Kiew, welche 350 km von uns entfernt liegt, liefern könnten. Diese Bitte lässt uns nur erahnen, welche katastrophalen Zustände und Versorgungsengpässe in den Großstädten herrschen müssen! Leider können wir die tägliche Lieferungslogistik nicht bewerkstelligen. Allerdings haben wir angeboten, täglich 1.000 Brote mehr zu backen, wenn diese abgeholt werden können! Dieses Angebot ist allein durch Eure Spendenbereitschaft möglich!
Auch die täglichen Lieferungen zu den Kinderheimen und dem Rehazentrum fallen unter die Aktion des Kriegsbrotes in Form von Mischbrot! Auch wenn in der Ukraine lieber helles Brot gegessen wird, so ist derzeit jeder dankbar für Brot und Nahrung im Allgemeinen!
Die ukrainische Armee steht einem riesigen und übermächtigen Gegner gegenüber und kämpft weiter tapfer für ihr Land und die Unabhängigkeit. Bitte betet, dass dieser Wahnsinn und das unnötige Blutvergießen hier ein Ende haben! Wir beten, dass Vernunft und Wahrheit einziehen. Wozu müssen denn all diese unschuldigen Menschen denn sterben?
Bitte betet auch für uns, dass wir immer am richtigen Ort und zur richtigen Zeit sind.
Momentan wissen wir uns hier in Protopopovka noch am richtigen Platz! Dennoch schaue ich mit großer Sorge in den Süden der Ukraine. Die ukrainischen Truppen sind dort schwach und abgekämpft. Wie lange sie noch dem Gegner den Weg Richtung Norden und Westen versperren können, ist mehr als fraglich. Sollten die Russen dort durchbrechen, dann sind wir hier eingekesselt!
Ich denke jetzt oft an meinen Großvater zurück. Wie oft hörten wir seine Geschichten des Russlandfeldzuges, bei dem er mit dem letzten Zug aus Stalingrad herausfuhr und befreit wurde. Sollte wirklich die übernächste Generation gleiches Schicksal erfahren müssen?
In der Hoffnung, Euch bald wieder berichten zu können, grüßen wir Euch alle herzlich aus Protopopovka!
Gott mit uns allen!
Achim und Gabriele
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